"Selbstständig in der Schweiz: Was finanziell wirklich auf dich zukommt."

Gerne würde ich euch im heutigen Blog-Artikel ein wenig aufzeigen, was es finanziell bedeutet, selbstständig zu sein. Vielleicht hast du dich gerade selbstständig gemacht, spielst mit dem Gedanken, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen, oder du bist einfach neugierig, wie sich die Finanzen in einer Einzelfirma gestalten.

Viele Menschen glauben, dass Selbstständige automatisch mehr verdienen und es ihnen finanziell besser geht als Angestellten. Doch die Realität sieht oft anders aus. Denn neben den Einnahmen gibt es viele Fixkosten, Sozialabgaben und Rücklagen, die man selbst tragen muss – Dinge, die für Angestellte oft vom Arbeitgeber übernommen werden.

In diesem Artikel möchte ich dir einen konkreten Einblick an einem fiktiven Beispiel geben, welche finanziellen Verpflichtungen mit einer Einzelfirma in der Schweiz verbunden sind und was am Ende wirklich zum Leben übrig bleibt.

 

Selbständig als einzelfirma in der schweiz – freiheit mit verantwortung

Der Schritt in die Selbstständigkeit ist für viele ein großer Traum. Die Vorstellung, sein eigener Chef oder Cheffin  zu sein, flexibel zu arbeiten und direkt vom eigenen Erfolg zu profitieren, klingt verlockend. Doch was bedeutet es wirklich, in der Schweiz eine Einzelfirma zu führen?

Grundsätzlich ist die Einzelfirma die einfachste Form der Selbstständigkeit. Sie kann ohne großes Kapital gegründet werden, es gibt wenig bürokratischen Aufwand, und man hat volle Kontrolle über sein Geschäft. Allerdings trägt man als Inhaber*In auch das volle Risiko – mit dem gesamten Privatvermögen. Es gibt keine Trennung zwischen Firmen- und Privatvermögen, was bedeutet, dass Schulden der Firma im schlimmsten Fall direkt die persönliche finanzielle Existenz gefährden können.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass Selbstständige in einer Einzelfirma keinen Anspruch auf Leistungen haben, die für Angestellte selbstverständlich sind. Dazu gehören unter anderem:

  • Kein Anspruch auf bezahlte Ferien – Wer Urlaub macht, verdient in dieser Zeit nichts. Deshalb müssen Ferien finanziell eingeplant werden.
  • Keine Lohnfortzahlung bei Krankheit – Ohne eine Krankentaggeldversicherung droht bei längerer Krankheit ein kompletter Einkommensausfall.
  • Keine Pensionskasse (2. Säule) – Selbstständige müssen sich eigenständig um ihre Altersvorsorge kümmern, z. B. mit der Säule 3a.
  • Selbstständige Sozialabgaben – AHV, IV und EO müssen direkt bezahlt werden, ohne dass ein Arbeitgeber diese mitfinanziert.
  • Kein Anspruch auf Arbeitslosengeld – Wer als Selbstständiger seine Tätigkeit aufgibt oder zu wenig verdient, hat keinen Anspruch auf Unterstützung durch die Arbeitslosenversicherung.

Die Selbstständigkeit bietet also viele Freiheiten, aber auch große Herausforderungen. Es reicht nicht, einfach nur Einnahmen zu generieren – es ist essenziell, Ausgaben zu planen, Rücklagen zu bilden und sich finanziell abzusichern.

Im nächsten Abschnitt schauen wir uns an einem fiktivem Beispiel an, welche Kosten jeden Monat anfallen und wie viel nach Abzug aller Verpflichtungen tatsächlich zum Leben übrig bleibt.

Der Umsatz – klingt erstmal nach viel

Nehmen wir an, mein monatlicher Umsatz beträgt CHF 8’000. Das klingt erst einmal nach einem guten Einkommen, oder?
Aber hier kommt der Haken: Umsatz ist nicht gleich Gewinn.

Von diesen CHF 8’000 muss ich alle meine geschäftlichen und privaten Kosten selbst tragen. Keine Firma übernimmt meine Sozialabgaben, meine Versicherungen oder meine Ferien. Und wenn ich krank werde? Dann verdiene ich nichts – es sei denn, ich habe mich entsprechend abgesichert, wobei die ersten 30 Tage in der Regel nicht versichert sind.

Schauen wir uns einmal an, was von diesen CHF 8’000 nach Abzug aller Kosten wirklich übrig bleibt.

Fixkosten: Was jeden Monat anfällt

Als Selbstständiger habe ich einige regelmäßige Fixkosten, die ich immer zahlen muss, egal ob der Monat gut oder schlecht läuft. Dazu gehören unter anderem:

Fixkosten | CHF/Monat

| Praxismiete | 1’200
| Kommunikationsmittel| 100
| Berufshaftpflichtversicherung | 30
| Krankentaggeldversicherung | 110
| Praxissoftware | 50
| Materialkosten | 150
| Werbung & Webseite | 100
| Total Fixkosten | 1’740 CHF

Diese Ausgaben sind unvermeidbar, denn ohne sie könnte ich mein Geschäft nicht führen.

Rücklagen: Sozialabgaben, Altersvorsorge & Absicherung

Ein großer Unterschied zur Anstellung: Als Selbstständiger bin ich allein für meine Sozialversicherungen und Altersvorsorge verantwortlich. Während Angestellte diese automatisch vom Lohn abgezogen bekommen, muss ich jeden Monat bewusst einen Teil meines Einkommens zur Seite legen.

 

Rücklagen | CHF/Monat
| AHV/IV/EO (ca. 10 %) | 550
| Altersvorsorge (Säule 3a, Sparen) | 300
| Ferienrücklage (ca. 8 %) | 640
| Rücklagen für Krankheit (ca. 5 %) | 400
| Arbeitslosengeld-Rücklage (da keine ALV) | 200
| Total Rücklagen | 2’090 CHF

Warum diese Rücklagen?

• Ferienrücklage: Als Selbstständiger bekomme ich kein Feriengeld. Wenn ich mal ein paar Wochen nicht arbeite, verdiene ich in dieser Zeit nichts.

• Krankheitsrücklage: Falls ich ausfalle, habe ich keinen Arbeitgeber, der mir weiterhin meinen Lohn zahlt.

• Arbeitslosen-Rücklage: Da Selbstständige keine Arbeitslosenversicherung haben, sollte ich Geld für Notfälle zurücklegen.

Variable Kosten: Was sonst noch anfällt

Neben Fixkosten und Rücklagen gibt es noch variable Kosten, die von Monat zu Monat unterschiedlich sein können. Dazu gehören unter anderem geschäftsbezogene Ausgaben oder Investitionen in Weiterbildung.

 

Variable Kosten | CHF/Monat
| Praxisauslagen | 150
| Weiterbildung | 50
| Total variable Kosten | 200 CHF
Diese Kosten sind nicht immer gleich hoch, aber sie gehören dennoch zur Realität eines Selbstständigen.

Was bleibt am Ende wirklich übrig?

Jetzt wird es spannend: Was bleibt nach Abzug aller Kosten von meinen CHF 8’000 Umsatz noch übrig?
Kategorie | CHF/Monat
| Fixkosten | 1’740
| Rücklagen | 2’090
| Variable Kosten | 200
| Total Ausgaben | 4’030 CHF
| Übriger Betrag (für privates Leben) | 3’970 CHF

Das heißt, von CHF 8’000 Umsatz bleiben mir am Ende 3’970 CHF für mein Privatleben.

 

Klingt okay? Vielleicht. Aber bedenkt:

 

• Davon müssen noch Wohnkosten, Krankenkasse, Essen, Freizeit, Ferien, Steuern und andere persönliche Ausgaben bezahlt werden.

• Es gibt Monate, in denen weniger Umsatz generiert wird – dann muss ich auf Rücklagen zurückgreifen.

Und hier zeigt sich, dass das vermeintlich hohe Einkommen schnell schmilzt.

Selbstständig sein – lohnenswert, aber mit viel Verantwortung

Ja, ich verdiene mein eigenes Geld.

Ja, ich bin meine eigene Cheffin.

Und ja, ich würde es für nichts in der Welt eintauschen!

Aber: Es bleibt viel weniger übrig, als viele denken.

Ich muss:
✅ Selbst für meine Versicherungen und Altersvorsorge sorgen

✅ Jeden Monat für Ferien und Krankheit vorsorgen

✅ Immer wieder in mein Geschäft investieren

✅ Finanziell vorausplanen, weil es keine Garantie für einen konstanten Umsatz gibt

 

Selbstständigkeit bedeutet Freiheit, aber auch Verantwortung. Es ist nicht für jeden, aber wenn man es richtig angeht, kann es eine unglaublich lohnende Entscheidung sein.

Fazit: Der wahre Verdienst als Selbstständiger

Ja, ich könnte einen Umsatz von CHF 8000 im Monat haben.

Und nein, das ist nicht gleich mein Lohn.

 

Nach Abzug aller geschäftlichen Kosten und Rücklagen bleibt mir am Ende ein Betrag, mit dem ich mein Privatleben bestreiten muss – und das ist oft weniger, als viele denken.

 

Ich hoffe, dieser Einblick hilft euch zu verstehen, was es wirklich bedeutet, in der Schweiz selbstständig zu sein.

Was denkt ihr darüber? Hättet ihr erwartet, dass so viel vom Umsatz für Fixkosten und Rücklagen draufgeht?
Schreibt mir gerne.
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Herzlichst Pascale & heb der Sorg